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© 1991-2017 C. Kochinke, Rechtsanwalt u. Attorney at Law, Washington, DC, USA


Varianten der Arbitration in den USA



von Tobias Schäfer *

Erstveröffentlicht am: 15. März 2013


Das Schiedsverfahren, die Arbitration, kommt sowohl in den Vereinigten Staaten als auch auf internationaler Ebene immer häufiger zur Anwendung. Dies sollte nicht verwundern, blickt man auf die bis zu dem biblischen König Salomon zurückgehende Tradition dieser außergerichtlichen Streitbeilegung. Im us-amerikanischen Rechtssystem entwickelten sich, seinen Eigenarten entsprechend, verschiedene Varianten der Arbitration.



I. Contractual Arbitration



Die Bekannteste ist wohl die Contractual Arbitration, bei der sich die Streitparteien zuvor durch eine Schiedsklausel gebunden haben. Diese findet sich oftmals in Geschäfts-, Arbeits- oder Verbraucherverträgen. Kennzeichnend für die Contractual Arbitration ist, dass die Herbeiführung eines öffentlichen, gerichtlichen Prozesses verhindert wird und der Schiedsspruch für die Parteien rechtlich bindend wirkt. Die Parteien hoffen auf ein günstiges und zügiges Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit und mit weniger Offenlegungen von Interna als im Discovery-Verfahren des US-Prozesses. Die Voraussetzungen, das Prozedere mit Regeln zum Beweisverfahren und die Folgen der Arbitration sollten bereits in der Arbitration-Klausel festgeschrieben sein. Diese kann jedoch nicht eine Gerichtsstands- oder Rechtswahlklausel überflüssig machen. Denn für den Fall, dass sich eine Partei entscheidet dennoch vor Gericht zu ziehen, regeln Gerichtsstands- oder Rechtswahlklausel die Zuständigkeit. Gesetzlich geregelt ist die Schiedsgerichtsbarkeit in den USA auf Bundesebene im Federal Arbitration Act (FAA) und auf einzelstaatlicher Ebene in entsprechenden Gesetzen, zum Beispiel dem Revised Uniform Arbitration Act des District of Columbia.1



Ein Verweis auf die Richtlinien einer der großen professionellen Arbitration Organisationen wie die American Arbitration Association (AAA) oder die Judicial Arbitration and Mediation Services (JAMS) ist in der Schiedsklausel enthalten. Diese Organisationen vermitteln neutrale Schiedsrichter, die entweder erfahrene Juristen oder Spezialisten des jeweiligen Fachgebietes sind. Somit bieten diese Schiedsrichter oft einen weitaus höheren Grad an Expertise als die meisten im gewöhnlichen Gerichtsverfahren für zahlreiche unterschiedliche Streitigkeiten zuständigen Richter bieten können.

Eine Arbitration-Klausel mit Bezug zu JAMS könnte beispielsweise folgendermaßen lauten:



Any dispute, controversy or claim arising out of or relating to this Agreement or to a breach of any of this Agreement, including the interpretation, performance, or termination thereof, shall be determined by arbitration in accordance with the then-governing commercial dispute resolution rules of JAMS, including its emergency interim relief procedures. The arbitration shall be conducted by three (3) arbitrators, one to be appointed by USA Corp, one to be appointed by DE GmbH and a third to be appointed by the two arbitrators so selected, or, if they cannot agree on a third arbitrator, by the President of JAMS. The arbitration, including the rendering of the award, but not necessarily any hearings, shall take place in Washington, DC, which shall be the exclusive forum for resolving such dispute, controversy or claim. The decision of the arbitrators shall be final and binding upon the Parties, and each of the Parties shall bear its share of the expenses of the arbitration. The decision of the arbitrators shall be executory, and judgment thereon may be entered by any court of the competent jurisdiction. This Agreement shall not be admissable in evidence for any purpose except in connection with an action to enforce this Agreement or an action for its breach. This subsection shall not be construed to disfavor attempts to resolve disputes amicably between the Parties or their principals, or mediation.



Unternehmen bringen Arbitration-Klauseln bei Verbraucherverträgen im Kleingedruckten unter, um so eine verbraucherfreundliche Sammelklage vor einer Jury auszuschließen. Der Supreme Court der USA in Washington, DC, bestätigte 2011 die Wirksamkeit solch einer Arbitration Klausel in dem Fall AT&T Mobility v. Concepcion mit einer knappen 5 zu 4 Mehrheit. Sammelklagen widersprächen grundsätzlich dem Gedanken der Arbitration und ein Ausschlus der Sammelklage liege im Bereich der von § 2 des Federal Arbitration Act (FAA) umfangreich geschützte Vertragsfreiheit, entschied der oberste Gerichtshof.



Für die Arbitration im Rahmen internationaler Geschäftsbeziehungen sind unter anderen das zu der AAA gehörende International Center of Dispute Resolutions (ICDR), die International Chamber of Commerce (ICC) und JAMS International zuständig. Seit dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1957 können Schiedssprüche auch grenzüberschreitend wirksam durchgesetzt werden. Zurzeit sind dem Übereinkommen 148 der 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen beigetreten, auch Deutschland und die USA. Im Ausland lassen sich die aus dem Verfahren resultierenden Awards eher und problemloser durchsetzen als inländische Gerichtsurteile, da es beispielsweise kein Übereinkommen zur Anerkennung fremder Gerichtsurteile zwischen Deutschland und den USA gibt. Diese müssen erst in einem Anerkennungsverfahren bestätigt werden, um anschließend vollstreckt werden zu können.



II. Judicial Arbitration



Eine andere Variante der Arbitration ist die Judicial Arbitration. Diese wird nach Beginn eines Gerichtsverfahrens auf Anordnung des Gerichts oder auf Vorschlag der Anwälte durchgeführt. Die Judicial Arbitration soll die mit Prozessen überhäuften Gerichte entlasten, und wird von ihnen gefördert. Die Rechtswirkung des Schiedsspruch hängt von der gerichtlichen Prozessordnung ab. Diese regelt auch die Fälle, in denen die Arbitration nicht angewandt werden darf. So ist beispielsweise für kalifornische Superior Courts die Anordnung der Arbitration nur bis zu einem Streitwert von 50.0000 $ erlaubt. 2

Meistens müssen die Streitparteien vor Beginn der Arbitration entscheiden, ob der Schiedsspruch bindend oder nicht-bindend sein soll. Ist er nicht-bindend, so steht es den Parteien offen, den Schiedsspruch nicht zu akzeptieren und das ordentliche Gerichtsverfahren weiterzuverfogen.



So ist in den Maryland Rules of Procedure die Arbitration folgendermaßen bestimmt:



Rule 17-101. APPLICABILITY (a) Generally.- The rules in this Chapter apply only to civil actions in a circuit court. The rules in this Chapter do not apply to actions or orders to enforce a contractual agreement to submit a dispute to alternative dispute resolution.

(b) Rules governing qualifications and selection.- The rules governing the qualifications and selection of a person designated to conduct court-ordered alternative dispute resolution proceedings apply only to a person designated by the court in the absence of an agreement by the parties. [...] Rule 17-102. DEFINITIONS

[...]

(b) Arbitration

"Arbitration" means a process in which (1) the parties appear before one or more impartial arbitrators and present evidence and argument supporting their respective positions, and (2) the arbitrators render a decision in the form of an award that is not binding, unless the parties agree otherwise in writing.3



Die nicht-bindende Arbitration ist jedoch von der Mediation abzugrenzen. Der Mediator arbeitet mit den beiden Streitparteien auf gleicher Ebene zusammen, damit gemeinsam ein Vertrag zur Beilegung eines Streits abgeschlossen wird, wohingegen der Arbitrator unbeachtlich der Wirkung seines Schiedsspruches richterlich fungiert.

Die gerichtlich angeordnete Arbitration steht im Widerspruch zu dem 7. Vefassungszusatz, der das Recht auf ein Verfahren vor einer Jury schützt.



In Suits at common law, where the value in controversy shall exceed twenty dollars, the right of trial by jury shall be preserved, and no fact tried by a jury, shall be otherwise re-examined in any Court of the United States, than according to the rules of the common law.




Dennoch wird die Judicial Arbitration nicht als Verstoß gegen die Verfassung gewertet. Begründet wird dies damit, dass die Parteien im Falle einer bindenden Arbitration schlicht und einfach auf ihr verfassungsmäßiges Recht auf ein Jury-Verfahren verzichten. Bei der nicht-bindenden Arbitration haben sie ohnehin die Möglichkeit, nach dem Schiedsspruch ein neues Verfahren vor der Jury als trial de novo zu verlangen.



III. Common Law Arbitration



Aus deutscher Sicht wirkt auch die Trennung von Statutory Arbitration und Common Law Arbitration erwähnenswert. Für die Statutory Arbitration gelten die speziellen Arbitration-Gesetze wie der FAA auf Bundesebene. Zudem haben 49 der 50 Bundesstaaten, dem Uniform Arbitration Act als Modellgesetzesvorlage entsprechend, ähnliche Gesetze als eigenstaatliches Recht erlassen. Der Alternative Dispute Resolution Act bestimmt, dass die Gerichte die Möglichkeit der Teilnahme an alternativen Streitbeilegungsmitteln wie der Arbitration in ihren Prozessordnungen regeln sollen.



Die Common Law Arbitration stützt sich hingegen nur auf Präzedenzfälle und Richterrecht, was sich häufig vom gesetzlichen Recht unterscheidet. So darf zum Beispiel der einmal wirksam erteilte Schiedsspruch unter Common Law nur unter besonders strengen Vorraussetzungen der richterlichen Prüfung unterzogen werden. Außerdem hat nach einer umstrittenen Common Law Regel jede Partei das Recht, bis zum Schiedsspruch die Arbitration durch Widerruf zu beenden:



[C]ommon-law arbitration agreements continue to be unilaterally revocable before an arbitration award is made.4



Im Gegensatz dazu ist die Arbitration-Klausel bei der Statutory Arbitration nicht frei widerruflich, sondern nur nach den Merkmalen des allgemeinen Vertragswiderrufsrechts anfechtbar.5 Bestehen Common Law Arbitration und Statutory Arbitration in den einzelnen Staaten parallel nebeneinander, so dürfen sich die Parteien in der Arbitration-Klausel für eines der beiden entscheiden.



The practice [Arbitration] existed at common law long before the enactment of any statutes on the subject and, unless the common law has been abrogated by legislative act, parties are still at liberty to enter into a submission as at common law.6





Abschließend ist festzuhalten, dass eine weitergehende Differenzierung bei Verwendung des Begriffes der Arbitration in den USA geboten ist. Die hier beschriebenen Varianten schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern es besteht Spielraum für Überschneidungsmöglichkeiten. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Gerechtigkeitsfindung immer weiter aus den Gerichtssälen in Richtung des Privatsektors entfernen wird.


Fußnoten:

1 District of Columbia Code, §§ 16-4401-4431.

2 California Code of Civil Procedures, § 1141.11(a),(b).

3 Maryland Rules of Procedures, Title 17, Chapter 101.

4 Wold Architects And Engineers v Strat, Supreme Court of Michigan, 2006.

5 Federal Arbitration Act § 2 : [The Arbitration Agreement] shall be valid, irrevocable, and enforceable, save upon such grounds as exist at law or in equity for the revocation of any contract.

6 Carpenter v Bloomer, Superior Court of New Jersey, 1958.


* Der Verfasser studiert Rechtswissenschaften im 5. Semester an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Dieser Bericht entstand während seines Aufenthalts in Washington D.C., wo er bei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP unter der Leitung von Rechtsanwalt i.R. Clemens Kochinke, Attorney at Law, ein Praktikum absolviert.



Zitierweise / Cite as: Schäfer, Varianten der Arbitration in den USA, 22 German American Law Journal (15. März 2013), https://amrecht.com/tobias-schaefer-arbitration-usa-2013.html


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