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Grenzen des Schutzbereichs von Geschäftsgeheimnissen


Von Andreas R. J. Schnee-Gronauer *
Erstveröffentlichung am 4. März 2004

In einer Entscheidung vom 27. Februar 2004 hat der Appellationsgerichtshof von Kalifornien konkretisiert, unter welchen Voraussetzungen die Veröffentlichung von Programmcode auf einer Internetseite als Verletzung von Geschäftsgeheimnissen anzusehen ist und wie diese mit einer einstweiligen Verfügung verhindert werden kann (DVD Copy Control Association Inc. v. Bunner, Cal. Ct. App., No. H021153). Mit der Entscheidung hat das Gericht zugleich die Grenze "klassischer" wettbewerbsrechtlicher Schutzinstrumente ausgelotet und präzisiert.

Um die unbefugte Vervielfältigung von DVDs zu verhindern, sind diese mit einem Verschlüsselungsalgorithmus - dem sog. CSS - geschützt. Über die Rechte hieran wacht die DVD Copy Control Association Inc (DVD CCA). Nachdem Andrew Bunner Ende 1999 einen - nicht von ihm entwickelten - Programmcode namens DeCSS zur Entschlüsselung des CSS auf einer populären Internetseite gefunden und auf seiner eigenen Seite eingestellt hatte, beantragte die DVD CCA gegen ihn den Erlass einer einstweiligen Verfügung (injunction), um die Verbreitung des DeCSS-Codes zu verbieten. Durch den Santa Clara County Superior Court wurde die entsprechende Verfügung gegen Bunner erlassen. Die von ihm hiergegen eingelegte Berufung führte dazu, dass der California Court of Appeals die Ausgangsentscheidung mit der Begründung aufhob, DeCSS stelle seinerseits ein geschütztes Werk dar. Hiergegen legte DVD CSS Revision ein, auf die der California Supreme Court die Sache an den Appellationsgerichtshof zurückverwies, von dem die jetzige Entscheidung stammt.

Juristischer Ausgangspunkt des Verfahrens ist der California Uniform Trade Secrets Act, der in Section 3426.2 ausdrücklich eine einstweilige Verfügung vorsieht, um die Verbreitung eines Geschäftsgeheimnisses (trade secret) zu verhindern.

Ein Geschäftsgeheimnis liegt nach dieser Regelung dann vor, wenn die Tatsache wertvoll - weil anderen unbekannt - ist und der Berechtigte sich bemüht, diese geheim zu halten. Dies hat das Gericht dahingehend konkretisiert, dass die Sache weder öffentlich noch in den jeweiligen Verkehrskreisen bekannt sein darf.

Ein vorläufiges Verfahren wäre nach Auffassung des Gerichts nur zulässig gewesen, wenn es sich bei den in DeCSS enthaltenen Information noch um Geheimnisse gehandelt hat, wobei primär auf den Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung abzustellen ist. Dies ergebe sich aus deren Zweck, (weitere) Schäden zu vermeiden. Die von DVD CCA vertretene Meinung, dass sie einen nicht wieder gutzumachenden Schaden nicht beweisen müsse, weil der Unterlassungsanspruch sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe, hat das Gericht verworfen und der Antragstellerin im Ergebnis sowohl die Beweislast für die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs in der Hauptsache als auch für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme aufgebürdet.

Im konkreten Fall kommt das Gericht zu dem Schluss, dass zu dem Zeitpunkt, als Andrew Brunner DeCSS auf seiner Seite eingestellt hat die betreffenden Informationen bereits allgemein bekannt gewesen seien. Schon zuvor hätten Internetmagazine darüber berichtet und unter Programmierern sei der Code öffentlich diskutiert worden. Dies habe letztlich dazu geführt, dass die Software bei Erscheinen weltweit erwartet und verbreitet worden sei.

Auch dem Argument der DVD CCA, dass Bunner sich nicht darauf berufen könne, dass die Informationen bereits bekannt gewesen seien, weil er wusste oder zumindest habe wissen müssen, dass dies unredlichen Zwecken diene, hat das Gericht eine Absage erteilt. Im Übrigen habe DVD CCA nur dürftige Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass DeCSS illegal erstellt worden sei; Reverse Engeneering alleine genüge hierfür nicht. Die Umstände unter denen der Programmierer von DeCSS ggf. die Lizenzrechte von DVD CCA gebrochen hat, seien nicht substantiiert vorgetragen.

Aber selbst wenn DeCSS mit missbräuchlichen Mitteln erstellt worden sei, folgt daraus nach Ansicht des Gerichts keine Verantwortlichkeit derjenigen, die das Programm verteilt haben, nachdem es bereits allgemein geworden bekannt war - selbst dann nicht, wenn sie die "unmoralischen Wurzeln" kannten.

Das Gericht weist ausdrücklich auf die Besonderheiten des vorliegenden Falls hin, die von der Konzeption des "klassischen" Wettbewerbsrechts nur unzureichend erfasst würden. Der California Uniform Trade Secrects Act gehe beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen von einem Wettbewerber aus, der die Geschäftsgeheimnisse des anderen zu eigenen Zwecken ausnutze, und daher ein ebenso großes Interesse wie dieser habe, dass Dritte diese Information nicht erhalten. Hier sollte die Information hingegen gerade so weit wie möglich verteilt werden.

Das, was bereits in Allgemeinbesitz übergegangen sei, könne auch mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts nicht wieder zurückgeholt werden. Eine einstweilige Verfügung sei nicht das angemessene Mittel, wenn der Verletzende keinen weiteren Vorteil aus der unberechtigten Nutzung gezogen habe. In diesen Fällen komme eine Erfassung nur unter dem Aspekt der Bestrafung und Abschreckung in betracht; dies sei mit den Regelungen zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse jedoch nicht beabsichtigt.


*   Der Verfasser studierte Wirtschaftswissenschaften in Duisburg und Rechtswissenschaften in Hannover. Dieser Artikel entstand während der Wahlstation in der internationalen Wirtschaftskanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP in Washington D.C., USA.

Cite as: Andreas R. J. Schnee-Gronauer, Grenzen des Schutzbereichs von Geschäftsgeheimnissen, German American Law Journal, http://www.amerikanischesRecht.com/asg1dvdccav.shtml (March 4, 2004).


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